Es gibt Spiele, die einen kommen und gehen lassen, die unterhalten, aber keinen bleibenden Eindruck hinterlassen. Und dann gibt es Gothic von Piranha Bytes. Ein Spiel, das sich mit einer einzigartigen Mischung aus Immersion, rauem Charme und unvergesslicher Spielwelt in mein Herz gebrannt hat. Ein Spiel, das ich – und das ist mir fast peinlich zuzugeben – erst rund 15 Jahre nach seinem Erscheinen gespielt habe. Und genau das war mein großer Fehler.

Denn Gothic ist nicht einfach nur ein weiteres Rollenspiel – es ist ein Meilenstein der RPG-Geschichte. Auch wenn die Steuerung mit Maus und Tastatur kaum vereinbar war und das Interface alles andere als modern wirkte, konnte mich nichts von diesem Erlebnis abhalten. Warum? Weil alles an diesem Spiel stimmig ist. Jede Questbelohnung fühlt sich verdient an, jeder Charakter hat seine eigene Geschichte und jede Begegnung ist geprägt von der legendären Sprechkunst der deutschen Synchronsprecher. Harte, direkte Dialoge, oft mit einer ordentlichen Prise trockenen Humors gewürzt, machen die Welt glaubwürdig und gleichzeitig unfassbar unterhaltsam. Selbst heute kann ich nur jedem ans Herz legen, sich auf dieses Abenteuer einzulassen – auch wenn man anfangs mit der eigenwilligen Steuerung kämpfen muss.
Doch dann kam Gothic II – und setzte dem Ganzen noch eine Schippe drauf. Eine viel größere, lebendigere Spielwelt, verbesserte Mechaniken und vor allem die Hafenstadt Khorinis. Keine Stadt in einem Videospiel hat mich je so sehr begeistert wie dieses Stück digitales Mittelalter. Ich habe dort mehr Zeit verbracht als in so manchem echten Ort, denn jede Ecke, jedes Haus, jede Gasse steckt voller Leben. Wenn ich irgendwo wohnen dürfte – dann in Khorinis.

Die Charaktere in Gothic und Gothic II sind ein weiteres Highlight. Ob es Diego ist, der charmante und erfahrene Mentor, Gorn, der treue Recke mit den lockeren Sprüchen, oder Lester, der entspannte Sumpflager-Guru – sie alle sind mir ans Herz gewachsen. Jeder von ihnen hat eine eigene Persönlichkeit, eine Vergangenheit und eine Art, mit dem namenlosen Helden umzugehen. Es gibt keine austauschbaren Begleiter, sondern echte Charaktere mit Wiedererkennungswert und Tiefe.
Meine Leidenschaft für Rollenspiel wurde sogar durch Gothic noch vertieft. Ich habe auf dem Classic Khorinis-Server textbasiertes Roleplay gespielt – und dort meine Liebe für immersives Rollenspiel entdeckt. Wenn man Videospiele nicht nur spielt, sondern im Kopf miterlebt, entsteht eine Tiefe, die kaum zu überbieten ist.

Gothic ist für mich mehr als ein Spiel – es ist eine Reise in eine Welt, die selbst nach all den Jahren nichts von ihrer Magie verloren hat. Wer es noch nicht gespielt hat, sollte sich dringend die Zeit nehmen, diese großartige Erfahrung nachzuholen. Trotz aller technischen Macken ist es ein unvergleichliches Meisterwerk, das jeder RPG-Fan einmal erlebt haben sollte. Denn wahre Liebe zu einem Spiel überwindet jede Steuerungshürde.
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Matt McKenzie
Sternenwanderer, Wortschmied – Matt McKenzie erkundet die Grenzen des Vorstellbaren und schreibt darüber, als wäre er mittendrin. Fantasie trifft Technik in der Sternen Schmiede.
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